Ab ins Kino!

In meinem Zimmer steht ein schmaler Blechschrank. So einer, den man beim Einzug an die Wand schiebt und dessen einzige Aufgabe darin besteht, Schlümpfe aus Überraschungseiern und Fotos mit Eselsohren zu bewachen.

22. November 2022

Vorgestern suchte ich nach einem Nikolaus im roten Samtmantel, der dann mit seinen Hüften wackelt, wenn aus den kleinen Lautsprechern „Jingle Bells“ krächzt.

Wo hatte sich der Dancing Santa versteckt? Richtig: im schmalen Blechschrank. Im Regal ganz unten, hinter einer russischen Matroschka. Die hat es auch in den Schrank geschafft - eine Erinnerung an meine erste Russlandfahrt. Mein erstes Mal Osteuropa. Meine erste Filmreportage. Ein Souvenirladen voller ausländischer Touristen. Alle wollten eine russische Mama fürs Regal daheim. So wie ich.

Erinnerungen nehmen keine Rücksicht auf unsere Pläne. Sie drängeln sich ins Leben und ziehen uns hinter sich her- zurück in die Vergangenheit. Und dann stehen wir da … ob in Russland, der Karibik oder Buxtehude. In unserer Hand befindet sich ein Foto, das die glückliche Zeit beschwört; acht immer kleiner werdene, ineinandergesteckte Russenmamas, die mich ins überhitzte Souvenirlädchen zurückbeamen, an dessen Fenster Schwitzwasser braune Spuren hinterlässt; die Zeichnung deiner jüngsten Tochter, mit der du seit drei Jahren keinen Kontakt mehr hast.

Erinnerungen können uns zum Lachen oder zum Heulen bringen; doch die Geschichten aus unserem Leben aussperren … das funktioniert nicht. Auch dann nicht, wenn wir (super-)fromm sind.

Als Jesus der Prostituierten ihre Sünden vergab, die Frau wieder in ihr gewohntes Umfeld zurückkehrte … welchen Ruf hatte sie in der Nachbarschaft?

Als sie die Tür zu ihrem Zimmer öffnete, sich aufs Bett setzte, an die Wände starrte, an die Zukunft dachte … wohin reisten ihre Gedanken?

Und als der nächste Freier vor ihr stand, weil sich bis zu ihm noch nicht der neue Lebenswandel durchgesprochen hatte … welche Kämpfe spielten sich in der Frau ab?

Die Vergangenheit ist nicht zimperlich: Sie zerrt uns in den Kinosessel und zeigt uns Filmfetzen von früher - mit uns in der Hauptrolle. Schade, dass uns dafür noch niemand einen Oscar verliehen hat.

Was hilft?

Beten? Sicher. Aber das bringt nur die halbe Punktzahl.

Was noch?

Aufstehen. Abwinken. Kopf schütteln. Kino verlassen. Die Vergangenheit schafft’s doch nur, die immer gleichen Storys aufzuhübschen. Alles Schnee von gestern!

Nochmals zurück zur Ex-Prostituierten: Die kann den Nachbarn, den Freiern und ihrer Vergangenheit die Wahrheit ins Gesicht brüllen; dass ihre Schuld vom Sohn Gottes vergeben wurde; dass sie dazu befreit ist, auf neuen Wegen zu gehen!

Und wir heute?

Beten? Ja. Auf jeden Fall. Aber auch: Der Vergangenheit eine klare Kante zeigen. Wer von Jesus die Vergebung für seine Schuld zugesprochen bekam, muss nicht bei den nervigen Filmchen von damals zitternd und heulend im wackeligen Kinostühlchen sitzen. Aufstehen! Gehen! Grußlos. Denn die Zukunft wartet - einschließlich der ausgestreckten Hand von Jesus.


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