Flucht ist keine Schande

Es gibt Menschen, die das Gegenteil behaupten. Sie sagen, es wäre ein Zeichen von Schwäche, wenn man seinen Posten aufgibt. Sie behaupten mit schwerer dunkler Stimme die Notwendigkeit des Durchhaltens - auch dann, wenn das den Tod bedeutet.

13. Dezember 2022

Ich kenne Typen, die mit erhobenem Zeigefinger die Flucht verteufeln. Männer, die sich an Begriffen aus Kriegen und Schlachten bedienen, um dadurch ihren drastischen Blutsbildern Schärfe und Nachdruck zu verleihen. "Aufgeben", rufen sie laut, "ist keine Option! Wir kämpfen bis zum letzten Mann!"

Die Rede ist nicht vom Krieg in der Ukraine oder anderen kriegerischen Auseinandersetzungen in dieser Welt.
Die angesprochenen Männer poltern vom (angeblich) wahren Glauben.
Sie thematisieren das notwendige, treue Durchhalten eines Christen.
Sie verurteilen "Deserteure" und verdammen Angsthasen.

Nicht nur, dass sie ihre Lieblosigkeit wie frisch gemixten Flüssigbeton über Schwache ausschütten ... die meisten dieser Wort-Führer haben noch keine Kriegssituation durchlebt. Sie wissen nicht, wie es ist, wenn ein übermächtiger Feind genau in die Straße einbiegt, in der du dich hinter einer verbeulten Mülltonne versteckst. Sie kennen keine zitternden Hände, die ihre Arbeit verweigern; wissen nicht, wie es ist, wenn Panik uns zu Handlungen antreibt, für die wir uns an Sonnenschein-Tagen fürchterlich schämen.

Nein, Flucht ist keine Schande.

Petrus, der Big Player im Jüngerkreis von Jesus, versaut sich in Sekunden seine himmlisch-goldene Zukunft.
Denkt er.
Er verleugnet seinen göttlichen Meister; der Mann flucht, zetert und verpasst seinem geliebten Lehrer einen verbalen Tiefschlag nach dem anderen.
Erst als ein Hahn laut krähend den ankommenden Morgen begrüßt, erwacht im Fluchenden die Dimension seiner Tat. Mit einem Aufschrei verlässt er den Ort der Schande und flieht tränenüberströmt in die schwindende Nacht.
Er hat versagt. Für ihn gibt es kein Zurück.
Denkt er.

Aber: Flucht ist keine Schande. Das galt damals für den angeschlagenen Petrus und das gilt ebenso für uns.
Es ist ein zu Herzen gehendes Gespräch, wie der auferstandene Jesus dem entmutigten, perspektivlosen, vor der Welt flüchtenden Petrus den Weg zurück ins Leben öffnet. Nachzulesen im letzten Kapitel vom Johannesevangelium.

Bei Jesus ist Flucht keine Schande.
Wer im Angesicht von scheinbar unbezwingbaren Gegnern, Dämonen oder Geistern aus der Vergangenheit die weiße Fahne hisst, muss nicht am Leben verzweifeln.
Wer sich - von Panik bestimmt - zu Handlungen und Taten hinreißen lässt, für die er sich später schämt, bekommt von Jesus eine neue Chance.

Wir kommen nicht schadlos durchs Leben. In unserer Biografie gibt es dunkle Bereiche, die uns nicht stolz machen. Taten, die wir gerne löschen möchten. Aber unser Gewissen lässt sich nicht wie eine Festplatte neu formatieren. Wir vergessen nicht.
Gerade deshalb sollten wir nicht unter den Tisch fallen lassen, wie liebevoll Jesus seinem Petrus vergibt und ihn neu beauftragt. Eine Handlung, die sich nicht auf den Jünger beschränkt, sondern sogar uns gilt.
Denn bei Jesus ist Flucht keine Schande.


superfromm als Newsletter

Wer keine Folge superfromm verpassen will: Jetzt Newsletter abonnieren. Hier gibt’s Infos zur aktuellen Sendung und eine Vorshow auf die Sendung in der kommenden Woche. 



UnterstützerIn werden!

Zur Herstellungvon superfromm sind hunderte Produktionsstunden notwendig; mehrere Tausend Euro benötigen wir jeden Monat, um die Arbeit fortzusetzen.
Wenn dir gefällt, was wir produzieren und publizieren, dann unterstütz’ uns bitte mit einer Spende.