Jagdsaison

Es ist nicht viel los am Strand. Fette schwarze Wolken treiben unbarmherzig das letzte bisschen blauer Himmel vor sich her. Sekunden später hat die Dunkelheit gewonnen. Heftiger Regen setzt ein und macht deutlich, wer in den nächsten Stunden das Sagen hat.

25. April 2023

Wieder daheim suche ich den Himmel ab. In meiner Fantasie kämpft sich die lichte Farbe durch die schwarzen Wolkenmauern und sprengt diese auf. Blaue Finger zwingen dunkle Massen in die Flucht. 
Doch dort oben über mir passiert überhaupt nichts - abgesehen vom herabstürzenden Dauerregen. 
Es ist Jagdsaison am Firmament. Und der Himmel hat nichts mehr zu lachen. 

Der Übertrag in unseren Alltag fällt nicht schwer: Es gibt Zeiten, in denen auch wir nichts zu lachen haben. Wir befinden uns mitten in der Jagdsaison - und wir sind die Gejagten; stehen da wie begossene Stallhasen und zu allem Unglück verschläft der Himmel (also Gott) die rechtzeitige Evakuierung aus der Gefahrenzone.

Dass Gott bei ersten Gefahrenanzeichen seine himmlischen Heere in Alarmbereitschaft versetzt, um über uns die Sonne wieder scheinen zu lassen, klingt sehr angenehm … entspricht aber nicht der Realität. 
Tatsächlich gibt es Zeiten, in denen wir uns wie das gejagte Waldwild auf der Flucht vor Jägern, Hunden und gemeinen Widersachern befinden. Und die Häscher kommen immer näher. 

Dazu ein kurzer Blick ins Neue Testament: 
Da ist der größte / wertvollste / wichtigste jemals geborene Mensch (Originalton Jesus). Er heißt: Johannes. Sein Beruf: Prediger und Täufer. 
Dieser Mann kann sein Temperament nicht zügeln und haut dem damaligen Herrscher die unschöne Wahrheit um die Ohren. Dem wiederum bleibt gar nichts anderes übrig, als Johannes ins Gefängnis zu werfen. Dort überfallen den größten, wertvollsten usw jemals geborenen Menschen Zweifel. Also: Fette schwarze Wolken am Lebenshimmel tauchen auf. Jagdsaison? Auf jeden Fall. Und wie verhält sich der Prediger und Täufer? Er schickt seine Freunde für einen Persönlichkeitstest zu Jesus. Sie sollen herausfinden, ob dieser Jesus tatsächlich der Gesandte aus dem Himmel, der Sohn Gottes, der Messias ist.

Die Antwort von Jesus ist kurz und schmerzlos: „Kranke werden gesund, Lahme gehen, Blinde sehen, Tote leben wieder.“ Soll heißen: „Das kann nur einer, nämlich Gott. Und der bin ich.“
Dann schiebt Jesus noch einen Nachsatz hinterher: „Glücklich, wer sich nicht an mir ärgert.“

Wie Johannes der Prediger und Täufer auf die Antwort reagiert hat, wissen wir nicht. Fest steht: Ein paar Tage später wird im Leben dieses Mannes das letzte bisschen blauer Himmel aufgefressen: Soldaten kommen, zerren ihn zum Holzblock, sein Kopf rollt über den Fußboden und wird schließlich auf dem Silbertablett der Sexgespielin des brutalen Herrschers präsentiert. 
Jagdsaison? Und wie. Opfer erlegt. Darauf ein Halali zum Rückzug geblasen. 

Und jetzt wir: 
Viel zu selten gewinnt das bisschen Blau (aka: letzte Hoffnung aufs göttliche Eingreifen). Der Arzt lacht uns nicht ins Gesicht, weil das MRT einen schlechten Tag hatte; die Polizisten, die dort am Esstisch hocken und uns über den Ausgang des Unfalls informieren, sind echt; dein Chef sitzt hinter verschlossener Tür und verweigert sich deinem Gespräch mit ihm. 

„Glücklich, wer sich nicht an mir ärgert“. 
Theoretisch hat er recht, der Sohn Gottes. Denn wenn ich mich ärgere, verpulvere ich dummerweise das letzte bisschen Kraft, das ich zum Überstehen meiner jetzigen Situation so dringend nötig habe. 
Denn Ärger frisst Vertrauen; holt sich den Glauben; zerschneidet unser Nervenkostüm; vergiftet unser Wesen.

Also … was tun?
Es ist eine Kopfentscheidung. Will ich Jesus glauben, dass er der Messias ist? Der in meinem Leben schon so viel be- und gewirkt hat? Der mich liebt und will? Der den Himmel (auch) für mich vorbereitet, mich erwartet und sich auf das Wiedersehen freut? 

Der größte, wertvollste usw jemals geborene Mensch musste seinerzeit eine Entscheidung treffen. 
So wie wir heute auch.
Und auch wir müssen mit dem Statement klarkommen: „Glückselig, wer sich nicht an mir ärgert.“


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