losing my religion
Für viele klingt der Song von R.E.M., als würde jemand seinen Glauben verlieren. Es hat diese schmerzhafte, sehnsuchtsvolle Qualität, die fast nach einer Tragödie schmeckt. Und ja, mit etwas Fantasie kann man das in die Worte hineinlesen. Aber im amerikanischen Süden bedeutet „losing my religion“ etwas anderes.
Es ist eine Redewendung, die beschreibt, was passiert, wenn einem die Geduld ausgeht. Oder schlimmer: wenn einem der Verstand abhandenkommt. Meistens passiert das, wenn man liebt – und diese Liebe nicht erwidert wird.
Plötzlich schließt sich der Kreis dann doch wieder. Denn zu viele Menschen haben Gott den Rücken gekehrt, weil sie enttäuscht sind. Desillusioniert. Verletzt.
Wenn das Schweigen erdrückt
Manchmal fühlt es sich an, als würde die Realität selbst deine Gebete verhöhnen. Du stehst in einem Krankenzimmer. Die Maschinen piepen in einem Takt, der dir den Atem nimmt. Sauerstoffsättigung zu niedrig. Blutdruck zu hoch. Die Stimme des Arztes rauscht wie der Wind durch eine offene Tür. Und während Blaulicht die Welt draußen einfärbt, flehst du innerlich: Wo bist du, Gott?
Aber alles, was zurückkommt, ist Stille. Eine Stille, die dich mit ihrem Gewicht zerdrückt.
In solchen Momenten brechen Menschen. Weil das Leben an ihnen vorbeizieht und sie nichts dagegen tun können. Weil Gott schweigt, wenn sie ihn am dringendsten brauchen. Und dann fragst du dich: Hört er mich überhaupt? Ist er da?
Die kleine Stimme, die bleibt
Jesus hat uns zwei Dinge gesagt, die uns durch solche Zeiten tragen könnten – wenn wir es zulassen. „Wer zu mir kommt, den stoße ich nicht hinaus“ (Johannes 6,37). Und: „Bittet, so wird euch gegeben“ (Matthäus 7,7).
Das bedeutet: Jeder Ruf wird gehört. Jedes Gebet erreicht ihn. Aber – und hier liegt die Schwierigkeit – seine Antworten sehen oft anders aus, als wir es uns wünschen. Während wir nach einem Donnerhall suchen, spricht er in einem Flüstern. Durch die kleinen Dinge: den Mann, der dir die Tür aufhält. Ein Wort in der Bibel, das wie für dich geschrieben scheint. Oder dieses leise, unerschütterliche Gefühl in deinem Herzen, dass du nicht allein bist.
Wenn du dich in der Stille verlierst
Vielleicht steckst du gerade in einer dieser Phasen. Diese Art von Dunkelheit, die sich anfühlt, als würdest du deinen Verstand verlieren. Zweifel frisst sich durch deine Gedanken, wie Termiten durch altes Holz. Aber hier ist, was du wissen musst: „Antwort“ bedeutet nicht immer, dass sich die Dinge sofort ändern.
Manchmal bedeutet es nur, dass Gott da ist. Dass er längst an deiner Geschichte arbeitet, auch wenn du es noch nicht sehen kannst. Seine Liebe – die bleibt. Größer als deine Zweifel. Tiefer als jede Stille. Und unendlich viel stärker, als du jemals gedacht hättest.