Major Tom

Neulich auf dem Campingplatz:
„Erde an Charlotte, Erde an Charlotte, sofort anhalten! Bitte umkehren!“
Eine tiefe Stimme fleht auf offenem Kanal. Jeder kann mithören.
Doch Charlotte denkt überhaupt nicht daran, ihren Kurs zu korrigieren. Völlig losgelöst ignoriert sie die Order aus dem väterlichen Kontrollzentrum und watschelt unbeeindruckt unvermindert ungebremst in Richtung schwarzem Loch (aka Herrentoilette).

26. September 2023


„Erde an Charlotte!“, versucht es der überforderte Papa erneut, „alle Maschinen Stopp!“
Entweder ist die Kleine auf einer anderen Frequenz unterwegs oder die Anziehungskraft leistet ganze Arbeit.Und dann ist sie weg. Das schwarze Loch schließt sich hinter ihr.

In meinem Kopf schält sich ein längst vergessener Song aus dem Vergangenheitsnebel. „Hallo Major Tom“, beginne ich leise zu singen, „können Sie hören? Wollen Sie das Projekt … so zerstören?“
Der vereinsamte Vater schaut zu mir herüber und wir prusten gleichzeitig los. So laut, dass das Wurmloch seine kleine Gefangene wieder ausspuckt. Die Kleine ist unverletzt und rast in Papas Arme.Mission completed.
Die Familie hat sich wieder und ich für den Rest des Tages einen Ohrwurm.

„Major Tom“ hieß Peter Schillings Megahit aus der Hoch-Zeit der Neuen Deutschen Welle. Es geht um einen Astronauten, der den Job verweigert, seine Familie ignoriert und dem Arbeitsplatz in der Rakete den Rücken zudreht. Viel lieber will er schwerelos im All treiben. Frei und ungebunden den Ausblick genießen.
Und wenn er nicht gestorben oder gegen einen von Elon Musks Satelliten geknallt ist, schwebt er immer noch hoch über uns.

Tragischerweise erlebe ich den vergangenen Wochen genau das: Ohne Ankündigung, dafür mit einem sarkastischen Joke auf den Lippen, verabschieden sich Leute aus ihrem bisherigen Leben. Sie lassen ihre Kinder zurück; die Frau hat ausgedient; der Job wird gekündigt; Verpflichtungen aller Art gecancelt.Stattdessen schmachten sie falschen Versprechungen hinterher und zerstören dabei nicht nur ihr, sondern auch das Leben vieler anderer. Schwerelos treiben sie ins schwarze Loch.

Keine Frage … ganz am Anfang … zu Beginn der neuen Reise … da gibt’s den gewünscht-erhofften Kick.
Momente der erlebten Ekstase:
Sex mit einem neuen Partner;
das Hochgefühl, dem nervigen Chef endlich die Meinung zu geigen;
das erste Mal hinterm Steuer des auf Pump gekauften Wohnmobils;
die Fahrt in Richtung Süden, um auf irgendeiner Insel zu überwintern;
den ausgestreckten Mittelfinger den Kleingeistern unter die Nase zu halten.
Und. So. Weiter.

Major Tom lässt grüßen. Der hat auch die Enge seines Lebens gegen den Flug durchs Weltall ausgetauscht. Doch Sauerstoffflaschen sind nicht für die Ewigkeit gemacht. Soll heißen: Der Typ ist erstickt. Wenigstens hatte er dabei einen grandiosen Ausblick.

Schon klar, es ist nur ein gut gemachter Song. Und doch … und doch fasse ich es nicht, wie viele Major Toms sich zurzeit ins weite Weltall verabschieden.

Nur mal laut gedacht: Wenn Jesus heute unterwegs wäre … er seine drei Jahre Erdenzeit auf 2022 bis 2024 terminiert hätte … dann sprächen seine Gleichnisse in den Erlebnis- und Verstehenshorizont der heutigen Generation. Vielleicht wäre aus dem „guten Hirten“ ein Astronaut geworden, der mit seinem Space Shuttle die übermütigen Freiflieger einsammelt.

Wir wissen nicht, ob es sich beim verlorenen Schaf, von dem Jesus in seinem Gleichnis erzählt, um ein Revoluzzer-Tier handelte. Eines, das ständig nur rumblökte. Sich den Anweisungen des guten Hirten widersetzte. Den ganzen Tag an eigene Wege und Selbstverwirklichung dachte. Einen Fluchtplan überlegte. Ihn umsetzte. Der dann, das wissen wir Bibelkenner, gehörig in die Hose ging. Vielmehr: Unter die Dornen.
Fakt ist: Der gute Hirte (aka Jesus Christus) in der Geschichte hat sich aufgemacht, um das Tier zu retten. Ein Tier - wohlgemerkt.

Auch heute noch ist Jesus unterwegs, um die übermütigen Freigeister zu retten. Er sucht, er hört, er findet und … er bringt nach Hause.
Die Rettungsaktion gibt es nicht zum Nulltarif. Sie geht einher mit klaren Ansagen, die sich im Lauf der Jahrtausende nicht verändert haben: „Komm mit mir / folge mir nach / kehr’ um / sündige nicht mehr!“ Übersetzt heißt das: „Du kannst nicht machen, was du willst und was dir Bock macht. Ich als dein guter Hirte / Space-Shuttle-Captain gebe Richtung und Auftrag vor.“

Jesus ist kein Aufpassonkel, der die Wünsche der Kleinen schweigend erfüllt. Er hat es sich nicht zu seiner Lebensaufgabe gemacht, das von uns fabrizierte Chaos aufzuräumen, damit unsere ausgelebte Lust und Launen ohne Konsequenzen bleiben.

Wir können aus unserem Leben aussteigen. Immer und überall. Aus allem, was uns lieb und heilig ist. Jesus wird uns warnen. Bitten. Flehen. Selbst ein schwarzes Loch ist für ihn keine unüberwindliche Barriere. Er wird sich auf den Weg machen und retten.
Das Leid, das wir durch unseren Egoismus uns und anderen zugefügt haben, wird uns noch viele Jahre begleiten. Mindestens.

Bevor du also dein Raumschiff verlässt, um ein paar Minuten ekstatische Glücksgefühle abzugreifen … denk an die Konsequenzen. Und an die Zeit nach der Ekstase. Denn die ist der Horror.


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