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Am Tag als der Regen kam

Zuerst war es nur ein „Plopp“. Direkt neben mir. Ein fetter Wassertropfen zerplatzte auf der Tischplatte und spritzte bis aufs Manuskript. Und das vor laufenden Kameras. Trotzdem ging mein Blick nach oben. Zu entdecken gab’s dort nix – viel zu weit weg und: viel zu dunkel.

Der nasse Eindringling schaffte es aufs Bild – ungebeten wie ein nackter Flitzer aufm Fußballplatz. Mein Gast erzählte mir gerade von seinem Traum, in dem er mit seiner Frau im Zugabteil hockte. Am nächsten Bahnhof wollten die beiden aussteigen, doch der Zug raste ungebremst durchs Haus. Immer weiter! Erst nach der Staatsgrenze kam die Lok zum Stehen und die beiden konnten endlich aussteigen.
„Plopp!“ Wieder ein Tropfen.

Wir beide saßen in einer grandiosen, uralten Lagerhalle.
Eine tolle Location … aber halt nicht ganz dicht aufm Dach. Und der Regen wurde immer stärker.

Wir ließen uns nicht vertreiben: immer schön mit der flachen Hand das Wasser verteilt und die Eindringlinge wegignoriert. Und so erfuhr ich, was sich dort, jenseits der deutschen Grenze abspielte.
Leute Leute, in den nächsten Wochen gibt es geniale Geschichten … total ermutigend und herausfordernd!

Klar hatte ich Angst ums teure Equipment. Regengüsse und Elektronik können sich auf den Tod nicht leiden.
„Jesus, bitte, halt’ deine Hände über die Ausrüstung!“
Stoßgebete schossen in den Himmel.
Vorsichtshalber packte ich die Kameras und den Computer noch unter eine fette Folie … falls der ein oder andere Tropfen zwischen den göttlichen Fingern hindurchrutschen sollte.

Am anderen Morgen war alles trocken. Um genau zu sein, das Wasser stoppte kurz vor Koffer und Stativen. Drumherum glitzerte nass der Boden.

Ich weiß, das ist eine Momentaufnahme. Und ganz sicher denkt der ein oder andere: Bei mir hat das Gebet NULL geholfen – da stand das komplette Leben unter Wasser.

Wer meine persönliche Geschichte einigermaßen kennt (superfromm: Das Monster in mir), weiß, dass ich meine jüngere Vergangenheit „Land unter“ verbrachte. Zeiten, in denen ich über ein „Plopp“ aus Richtung Hallendecke nur müde gelächelt hätte.

Allerdings haben mir diese Zeiten auch gezeigt: Gott macht sich nicht vom Acker (oder ins Trockene). Aus seinem Mund war kein „oops“ zu hören, weil der ein oder andere Tropfen in Richtung Meyerhöfer flutschte. Er hatte und er hat alles unter Kontrolle – immer und zu jeder Zeit.
Als Jesus den Wunsch seiner Jünger erfüllte, ihnen doch richtiges Beten beizubringen, kommt in dieser Anleitung auch folgende Passage vor: „… dein Wille geschehe!“

Das ist nichts anders als eine Kapitulationserklärung.
Hallendach undicht? Brief vom Finanzamt im Kasten? Ärztliche Diagnose? Gespräch beim Eheberater? Liegenbleiben auf der Autobahn? Klassenarbeit? Corona?
„Dein Wille geschehe.“

Schon heftig, vor allem dann, wenn man die Kontrolle nicht abgeben will, sich selbst als Mittelpunkt der Erde sieht oder keinem Menschen mehr vertrauen kann.

Jesus führte seine Jünger an die Grenze des Machbaren. Genau das ist Beten – das Eingeständnis meiner Unfähigkeit: ich kann weder ein Hallendach reparieren noch den Arzt dazu bringen, die Diagnose zurückzunehmen.

Und wie sieht das in der Praxis aus?
Manchmal erlebe ich den offenen Himmel – Hilfe, die unterwegs ist, obwohl noch gar nicht angefordert. Oder eine trockene Insel in der Lagerhalle.
Manchmal habe ich um göttliche Hilfe gebettelt. Und der Himmel schien verschlossen.
„Dein Wille geschehe?“

Wenn alles läuft, ist das ein netter Spruch. Sonntags, am Ende des Gottesdienstes.
Wer allerdings mit dem Rücken zur Wand steht, braucht für die Formulierung etwas länger. Oder presst die Lippen aufeinander. Rennt aus dem Haus. Wirft den Glauben über Bord.
Vielleicht geht’s dir gerade so: schreien, zetern, betteln – das ganze Programm. Und offensichtlich geschieht … nichts.

Bis ich „dein Wille geschehe“ sagen konnte, hat’s ganz schön gedauert.
Als es dann über meine Lippen kroch, ist nichts passiert. Alles wie vorher. Krankheit überall.
Anfangs aus Trotz, kurze Zeit später aus innerem Antrieb überließ ich meinen Willen dem himmlischen Vater.
Ganz ehrlich? Das wurde höchste Zeit. Es nahm die Angst um die Zukunft aus dem Kopf. Das Kämpfen müssen. Das Gejammer wurde leiser.
Erst später fiel mir auf, dass zu diesem Zeitpunkt der „Wind of Change“ einsetzte.