Blog

Auf der Flucht

Die Washington Post startet 2007 ein grandioses Experiment: Sie baten den virtuosen Geigenspieler Joshua Bell, seine Künste in einer U-Bahn-Station zu präsentieren. Die Bedingung: Er musste sich als mittelloser Straßenmusiker ausgeben. Die Dollars, die ihm Passanten in den geöffneten Geigenkasten warfen, durfte er behalten.

20. Dezember 2022

Und so stand Bell neben einer Rolltreppe und spielte auf seiner Stradivari Werke von Bach und Beethoven.

Grundgedanke der Redaktion war, wie Menschen wohl darauf reagierten, wenn sie etwas so Schönes an einem ungewöhnlichen Ort zu hören bekämen. BTW: Eintrittskarten zu seinen Konzerten kosten mehrere Hundert Euro.

Das Ergebnis: Von den fast 1.100 Leuten, die an ihm vorbeihetzten, warfen 27 ein paar Münzen in den Geigenkasten. Nur sieben blieben für einige Momente stehen, Applaus erhielt er nicht. Keiner hatte bemerkt, dass an diesem Tag etwas Wunderbares geschehen war.

In ein paar Tagen feiern wir Weihnachten. Und genauso wie die Pendler in der U-Bahn-Station hetzen wir durch die Zeit: Es braucht Geschenke, das richtige Essen, der Weihnachtsbaum ist nicht geschmückt oder die Beleuchtung von letztem Jahr hat den Geist aufgegeben. Wir rasen mit Warp-Geschwindigkeit in Richtung Heiligabend, nur um dann - einer Ohnmacht nahe - den traditionellen Gottesdienst zu überstehen. Mit den Gedanken sind wir sowieso jenseits der Kirche: Bei der Bescherung, der verkohlten Gans oder dem laschen Kartoffelsalat.

Und keiner bemerkt, dass an diesem Tag etwas Wunderbares geschehen ist.

Wir verpassen das Wunder, das unser Leben für immer verändern könnte.

Der Sohn Gottes verlässt seinen „Konzertsaal“, wird Mensch wie wir und stellt sich in die U-Bahn-Schächte dieser Welt, um dort die Geschichte von Gottes Rettung, Liebe und Frieden zu verkünden. Es sind Worte des Lebens - Worte, die noch viel weiter in uns eindringen könnten als der Klang einer wunderbar gespielten Stradivari.

Könnten.

Wenn wir innehalten und dem Klang und der Stimme von Jesus lauschten.

Von Herzen wünsche ich euch stille Weihnachten.