Blog

Der Löwenbändiger

Der Löwenbändiger

Kommt ein Buchhalter zum Arbeitsamt …
So beginnt der gespielte Witz von Monty Python. Der hat zwar schon einige Jährchen auf dem Buckel (Erstausstrahlung 1969!), aber die Wahrheit unterliegt keinem Verfallsdatum.

Zurück zum Buchhalter. Der kommt zum Berufsberater und heult ihm was vor. Sein Job sei furchtbar langweilig, er wolle endlich durchstarten, sein Gesicht soll aufs Plakat, dabei Ruhm & Ehre abgreifen, viele Abenteuer erleben!
„Und, was solls dann werden?“, fragt ihn sein Gegenüber.
„Löwenbändiger!“, jubiliert der Buchhalter.
„Echt jetzt?“, staunt der Fachmann.
„Ja! Ich will Löwenbändiger werden! Diese Tierchen mit dem langen Rüssel, die immer Ameisen fressen. Die will ich ab sofort in ihre Schranken weisen!“
Der Berater schüttelt den Kopf.
„Das sind doch keine Löwen, Sie sprechen von einem Ameisenbären!“
Kaum ausgesprochen, rollt er eine Projektionswand aus, auf der ein Löwe zu sehen ist, der sich im Sprung auf den Betrachter stürzt. Passend dazu brüllt der Berufsberater den Löwenschrei.
Und der Buchhalter? Fällt fast vom Stuhl.

Das Männlein kann sich nicht beruhigen. Es zieht an seiner Krawatte, fährt durchs schwarze Haar, leckt mit seiner Zunge am dünnen Schnäuzer entlang und murmelt dabei ununterbrochen: „Ist doch besser, erst mal etwas Ungefährliches zu machen … muss was suchen was mir besser liegt … vielleicht … in der Buchhaltung?!?“

Zurück in die Zukunft:
Das passt! Unsere eingesperrte, langweilige, attraktionsarme Zeit. Wenn nicht jetzt sich nach Abenteuer sehnen… wann dann?!? Endlich dieser elendigen Routine entfliehen.
Woher kommt’s? Natürlich von Corona: Homeoffice, Homeschooling, Homenerving.
Da verwandelt sich die Wohnung in einen Käfig und die Kinder mutieren zu aufsässigen Junglöwen. Jeden Tag kostet es mehr Kraft, die aufgebrachte Bande zu bändigen. Dann doch lieber richtig kämpfen.
Gegen echte Löwen und kein Pubertier.

Unsere Zeit trägt alltagsgrau.
Wir sind grau.
Die Welt ist grau.
Und die Zukunft kommt in Schwarz daher.

Bringt das Christsein den lang ersehnten Ausbruch aus dem gleichgültigen Alltagskäfig?
Leben wir – richtig glaubend – von Abenteuer zu Abenteuer?
Nope.

Dazu kommt noch die Gefahr der Fehleinschätzung. Dann, wenn kein Licht am Ende des Tunnels aufblitzt … heute nicht, morgen nicht … wenn also unsere Belastung im roten Bereich heimisch wird, dann sinkt unsere Fähigkeit, realistisch zu bleiben.
Das ist so.

Dann werden Notausgänge gesucht. Und der Traum nach Abenteuer wird übermächtig.
Aber: die Sache mit dem Abenteuer … – das würden wir nicht auch noch packen. Abenteuer beinhalten Risiken. Also genau das, was wir nicht AUCH NOCH brauchen. Wir suchen nur nach unverbindlichem Nervenkitzel, das uns den grauen Alltag leichter ertragen lässt.
Gut, wenn man in diesen Situationen einen Berater an seiner Seite hat, der ein bisschen rumbrüllt und den Löwen aufs Papier malt.

Zurück zu Jesus: Noch bevor der so richtig loslegte, machte ein anderer auf sich aufmerksam: Johannes. Der wurde nicht müde, seine Zuhörer auf das Kommen des Messias (also Jesus) hinzuweisen. Menschenmassen scharten sich um ihn. Sie alle wollten hören, was es mit dieser neuen Sache auf sich hatte.

Einige Zeit später hockt dieser Johannes im Gefängnis.
Seine Zukunftsperspektive? Eher schlecht.
Und als der Dunkeltunnel nicht das End-Licht freigibt, schleicht sich der große Zweifel ins Gemüt. BTW, wir sprechen von Johannes. DEM Johannes.
Irgendwann kann der die vielen Zweifel nicht mehr tragen. Er schickt seine Freunde zu Jesus. Die sollen für ihn fragen, ob er tatsächlich der sei, für den er ihn bisher gehalten habe.

Die göttliche Antwort?
„Geht zurück und sagt Johannes, dass Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige gesund werden, Taube hören, Tote ins Leben zurückkommen. Und den Armen wird die Frohe Botschaft verkündigt.“*

Das heißt nichts anderes als: „Yess, ich bin der, für den du mich bisher gehalten hast.“

Noch bevor die Freunde sich auf den Heimweg machen, ruft ihnen Jesus hinterher: „Hey! Sagt dem Johannes, dass derjenige glücklich ist, der sich nicht an mir ärgert!“

Bääm.
Das sitzt.
Damit muss man erst mal klarkommen.

Für Johannes und für uns heißt das nichts anderes als:
Mensch ärgere dich nicht.
Vergiss nicht, an wen du glaubst. Oder: Bisher geglaubt hast.
Es gibt Durststrecken in unserem Leben.
Wunder kommen nicht auf Bestellung.
Nicht jeder ist ein Löwenbändiger.

Aber das bedeutet auch:
Der Sohn Gottes weiß Bescheid.
Er ist und bleibt der gute Hirte.
Er will nicht, dass wir im Löwenkäfig sterben, nur weil wir Bock auf Veränderung haben.
Und: Wer an ihn glaubt, steht schon auf seiner Heldenliste – aka „Buch des Lebens“.

Nein, unsere Zeiten sind nicht leicht. Die Nerven liegen blank. Und Zweifel sind erlaubt. Genial, wer Freunde hat, die sich nicht von unserem Gejammer stören lassen. Die sich nicht zu schade sind, Kurierdienste zu übernehmen.
Und die den Mut haben, auch unangenehme Antworten zu übermitteln.

Damit wir nicht draufgehen. Damit wir die richtige Perspektive bekommen. Und damit wir hin und wieder hören: „Glücklich, wer sich nicht an mir nervt!“

*Matthäusevangelium Kapitel 11 , 1-6

Foto von Redlich/shutterstock