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Die Lady

„Hier Thomas, das ist für dich!“
Nancy schob zwei Traktate über den Tisch.
„Ich habe immer welche in meiner Tasche. Das ist wichtig!“
Traktat Nummer 1 bestand aus kleinen kopierten Seiten – am Rand getackert, damit es nicht auseinanderfiel. Nummer 2 kam im Vierfarb-Druck daher – im Vergleich zu Nummer 1 der Mercedes unter den Traktaten.
„Knowing Got personally“ stand auf der Titelseite von Traktat Nummer 1. „Gott persönlich kennenlernen“.

Nancy kommt aus den Staaten. Sie und ihr Mann Stuart befanden sich auf der Durchreise und wollten vor ihrem Heimflug noch einen Gottesdienst besuchen.
Dort lernten wir uns kennen, kamen ins Gespräch und die beiden luden mich ein, mit ihnen durch München zu ziehen.

Das Glockenspiel im Turm des Neuen Rathauses stand auch auf der „must-see-List“ von Nancy und Stuart.
Auf dem Marienplatz vor dem Neuen Rathaus drängten sich Touristen aus aller Welt. Alle wollten das Schauspiel der alten Figuren sehen, hören und… filmen.

Nancy und Stuart hatten zu diesem Zeitpunkt schon einige Kilometer hinter sich. Beide sind nicht mehr die Jüngsten. Die bisherige (Lauf-)Leistung war enorm!
Nancy winkte einer Kellnerin vom Straßencafé und bat um einen Sitzplatz. Die junge Frau erkannte die Situation sofort, kassierte ab, gab den bereits Wartenden zu verstehen, dass sie sich gedulden müssten, ordnete Stühle, putzte die Tischplatte und bat schließlich Nancy und ihren Mann, Platz zu nehmen.
Zum Dank drückte Nancy der Frau ein Trinkgeld in die Hand.
„Thank you!“, stammelte die Kellnerin, „thank you very much!“
Nancy streichelte ihr über den Unterarm: „Sie sind so freundlich und hilfsbereit, vielen vielen Dank!“, erwiderte Nancy.
Die Kellnerin verbeugte sich leicht, nahm die Bestellung entgegen und verschwand im Gedränge.

Keine drei Minuten stand sie wieder da. Ein volles Tablett in der linken Hand, mit der rechten verteilte sie die Untersetzer.
„Thomas, schnell, gib mir die Traktate, bitte!“, rief Nancy quer über den Tisch.
Josefine, so hieß unsere Bedienung, stellte das Tablett ab und hörte Nancy zu, wie die ihr erklärte, warum sie an Jesus glaubt und dass Jesus sie, Josefine, auch lieb hat.
Ungelogen und ungespielt: Schon wieder leuchteten die Augen der jungen Frau. Sie drückte Traktat Nummer 1 an ihre Brust, verbeugte sich noch einmal und steckte es zum Trinkgeld in ihre Tasche.

Yess… das war echt. Nicht gespielt oder schwülstig überzogen.
Absolut: Für mich ist Nancy eine echte Lady. Sie ist den Menschen zugewandt, hilfsbereit, empathisch und: sie hält nicht mit ihrem Glauben an Jesus hinterm Berg.

Gott bless you, Nancy. Und danke für diese Erfahrung.