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Es ist noch da!

Seit Monaten habe ich das Meer nicht mehr gesehen. Reiseverbote, Einreiseverschärfungen, die Quarantänebestimmungen vor und nach der Reise … knallharte Argumente gegen einen kurzen Trip ans weite Wasser.

 

Zum Glück sind die Erinnerungen an vergangene Meereszeiten nur einen Mausklick entfernt: Pics von Möwen im Sturm über aufgewühlter See; Abertausend Sonnenuntergänge zünden Farbbomben, bevor die anrückende Nacht den Himmel tiefschwarz malt; und natürlich das must have aller Freizeitknipser: Schaumspritzer über toten Muscheln.

Alles da. Gesichert in der Cloud zum Auffrischen verblasster Erinnerungen.

 

Doch kein Bild verströmt den Geruch von Fisch und Salz. Langes Starren auf den Bildschirmschoner bringt meine Frisur nicht aus der Fassung. Alles still, alles ruhig, alles alles weit weit weg.

 

Vergangene Woche durchkreuzten wir Ostfriesland. Auf der Suche nach Geschichten tauchten Ortsschilder auf, die alte Meereserinnerungen befeuerten: Neuharlingersiel. Jever. Cuxhaven.

Und dann stellte er sich uns in den Weg: der Deich.

DER Deich.

Diese Barriere, hinter der das große Gewässer mit Sand und Möwen spielen darf.

 

Und da war es. Wie immer schön und wie immer lebendig!

Junge Wellen spielten Fangen und ein einsamer Surfer suchte verzweifelt nach dem ablandigen Wind.

Die Sonne hatte keinen Bock und verweigerte sich gegen den perfekten Flashback. Geschenkt – schließlich dehnte sich vor mir die Wasserweite. Allein dieser Blick reichte aus, um zu wissen:

Die Welt dreht sich noch.

 

Jeder, der mit Jesus unterwegs ist, weiß um diese schmerzhaften, blöden, verzweifelten Dürreperioden:

Ein offener Himmel? Den kennt man nur von früher.

Wunder? Die könnten auch Zufall gewesen sein.

Erlebnisse? Welche Erlebnisse?

 

Ist er noch da, der Gott von früher? Vermutlich nicht.

 

Es war einmal: Leben.

Heute ist: Einöde.

 

Auf den ersten Kilometern in dieser namenlosen Wüste hat man sich mit Fotos plus frommen Bibelsprüchen die Erinnerung wachhalten wollen: die ersten Wochen zu laut gesungen, zu viel geredet. Als das alles nicht half, dem Schöpfer sogar mit Konsequenzen gedroht.

 

Doch mit der Zeit verblassen Sprüche. Drohungen mutieren zur Lachplatte und die Zweifel fressen Glauben auf.

Irgendwann ist Schicht im Schacht.

 

Yepp … , ich kenne das. Ist zwar schon eine Zeit lang her, aber immer noch voll präsent:

Gott, Jesus, Glaube? Die gehörten der Vergangenheit an.

Die Bibel geschlossen, die fromme Episode abgehakt und Gott? Degradiert zum Lebensabschnittspartner.

 

Richtig strange wurde es, als Erinnerungsfetzen an diese fromme Episode zurück an die Oberfläche drückten – es war, als ob jemand einen Strohhalm in mein Unterbewusstsein eingepflanzt hatte und nach Belieben die Vergangenheit ins heute blubbern ließ.

Die Bilder von früher waren aufregend, lebendig, spannend.

Und: schmerzhaft.

Weil: Die Gegenwart glich dem salzverkrusteten Aralsee.

Früher voller Leben, heute ein verwüstet geschrumpftes Dreckloch.

 

ABER:

Wenn unsere frommen Erinnerungen aus dem Morast aufsteigen, heißt das nichts anderes als: Der Himmel ist in Bewegung – Gott ist auf der Suche nach uns. Erinnerungen an lebendige, dankbare, glaubende Zeiten sind ein sicheres Anzeichen für: Der gute Hirte ist unterwegs; hat die 99 anderen, die safe sind, zurückgelassen.

 

Seinerzeit, als ich mich Gott und meinen Erinnerungen stellte, musste ich einen Freund bitten, mir seine Bibel auszuleihen.

Meine lag irgendwo. Unauffindbar.

Die anschließende Nacht kämpfte ich mich durch Irrtümer, Frust, Verletzungen und Schuld.

Es klingt extrem kitschig, war aber genau so: Als die Sonne aufging, habe ich kapituliert. Und Jesus hat mich verlorenes Schaf über seine Schultern gelegt und ins Leben zurückgebracht.

 

Um sicherzugehen, dass das Meer nicht nur eine Erinnerung an gephotoshopte Pics ist, muss man es sehen, riechen, schmecken. Unter Umständen braucht’s dafür eine längere Anfahrt, um zu begreifen:

Es ist noch da!

Um die pulsierende, abenteuerliche Beziehung mit Jesus zu erneuern, braucht’s unser „Ja“ zu dieser Gemeinschaft.

Manche kämpfen dafür eine Nacht lang.

Andere knien sich mitten auf der Straße nieder und beten (endlich wieder) Gott an.

Oder sie heulen, was der Körper hergibt.

Weil sie es nicht fassen können, dass sie die Wahrheit neu entdeckten:

Er ist noch da!

 

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