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Hey, alte Liebe!

Am Anfang der Ammergasse stehen ziemlich viele Fahrräder. Sie warten darauf, dass sie von ihren Damen und Herren wieder abgeholt werden und nicht im Tübinger Regen übernachten müssen. In Sichtweite zum Fahrradpulk parken vier grüne E-Scooter. Auf die haben wir es abgesehen. Vielmehr: Zwei genügen, denn schließlich sind wir nur zu zweit unterwegs.

Neuerdings besitzt jeder von uns eine App auf dem Phone, mit der wir den QR-Code am Roller scannen und Sekunden später losdüsen können. Scooter fahren ist der Hammer! Es ist eine Mischung aus Kindheitserinnerung und Abenteuerland. Dementsprechend glückselig halten wir uns immer an der Lenkstange fest und rasen vergangenheitsbeduselt durch die Gegenwart.

Jetzt stehen wir vor den vier Rollern. Aber - dumm gelaufen: Drei von ihnen sind reserviert, bleibt nur noch einer übrig. "Wir fahren zu zweit auf einem!", ruft die beste Ehefrau von allen und drückt sich dicht an die Lenkstange. Ich stelle mich hinter sie und los geht die Fahrt. Zwei Oldies auf einem Scooter - selbst im "hier-ist-alles-möglich-Tübingen" sieht man so etwas nicht alle Tage, warum sonst grinsen uns so viele Passanten hinterher ...

Unsere Haare wehen im Wind, wir lachen und feixen und aus lauter Lust am Leben küsse ich die beste Ehefrau von allen auf ihre rechte Schulter.
"Hey, alte Liebe!", schreien uns zwei Jugendliche fröhlich hinterher. "Jaaaa!" brülle ich zurück und strecke meinen linken Arm hinauf in Richtung wolkenlosen Himmel. Doro ruft leise "nicht doch, Thommy" aber ihr Gesicht verrät das erlebte Glück; ihr breites Grinsen bezaubert mich und deshalb küsse ich sie gleich noch einmal auf ihre Schulter.

Hin und wieder treffen wir auf Ehepaare, die darüber sprechen, wie deren Liebe über die zurückliegenden Jahre an Tiefe und Substanz gewonnen habe. Beim Reden nicken sie ernsthaft und verpassen auf diese Weise ihrem Statement noch mehr Gewicht.
Es dauert nicht lange, bis wir uns dann auch über den Glauben oder die Gemeinde oder das Leben austauschen. Vielmehr: Das Leben haben wir gesprächstechnisch ja schon abgehakt (Tiefe und Substanz). Bleiben noch die beiden anderen Themen.
Auch hier begegnet mir diese selbstsichere Abgeklärtheit; die immer gleichen Abläufe, Rituale und Routinen.

Um ehrlich zu sein... ich könnte und ich wollte das nicht so leben. Ich ertappe mich dabei, wie ich diesen abgeklärten und „ver-tieften“ Paaren etwas mehr Höhe und Leichtigkeit wünsche. Klar ist "Substanz" toll; aber bei aller Tiefe darf's doch hin und wieder prickeln, laut sein, verrückt und ... mit viel Wind in den Haaren.
Das wünsche ich den Paaren für ihre Beziehung zueinander - und auch für ihren Glauben. Das Leben mit Gott gleicht keinem breiten Strom, der träge von einem Lebensjahr ins andere fließt. Wer sich zu der Aufforderung durchringen kann, dass "Sein Wille geschehen soll", stellt einen Blanko-Scheck aus, bei dem er auf alle Sicherheiten verzichtet. Klingt das nach Langeweile? Definitiv nicht. Wer sich zu diesem Statement berappelt, weiß nicht, wo er am Ende seines Lebens steht, lebt oder gelandet ist.
Und doch - wer sich zu diesem Glaubens- und Lebensstil durchringen kann, dem rufen andere „hey alte Liebe!“ hinterher.
Warum?
Weil Gott kein Langweiler ist. „Über den Wolken hast du deine Wohnung errichtet“, steht in Psalm 104, Vers 3. „Ja, die Wolken sind dein Wagen, du fährst auf den Flügeln des Windes dahin.“

Schon klar, die „Wolkenwagen“ sind kein E-Scooter, aber allein die Vorstellung, dass mich der mächtige Gott auf sein Gefährt einlädt und mit mir durch Zeiten und Ewigkeiten rast, lassen meine Augen strahlen. Und sollte mir tatsächlich einer hinterherrufen, dass mein Leben mit dem Schöpfer des Himmels einer alten, verrückten und tiefen Liebe gleicht, dann brülle ich laut „jaahaaa!“ ins Weltall. Mir doch egal, was andere denken😎
Herzlichst, wo immer ihr gerade seid,

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Thomas Meyerhöfer
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