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ich hasse dich!

Dein Blick rutscht über den oberen Smartphone – Rand und du siehst, wie eure Jüngste mit einem Schraubenzieher das Zimmer verlässt. Die Kleine gluckst und grinst.
Dein erster Gedanke: Wieso Schraubenzieher?
Dein zweiter: Wieso um alles in der Welt rennt die Kleine so zielstrebig in Richtung Steckdose?!?
Das Smartphone fliegt aufs Polster, du stolperst zum Kind, reißt ihr den Schraubenzieher aus der Hand und massierst deine Schläfen. Das war knapp!

Die Kleine? Ist nicht begeistert. Im Gegenteil. Aus ihrem Mund schwappt Zorn und Gebrüll, unterstützt durch unkontrolliertes Stampfen.
Aus ihrer Weltsicht hast du dich soeben ins Abseits geschossen. Übersetzt heißt ihr Verhalten nichts anderes als: „Du bist eine typische 21. Jahrhundert-Helikopter-Mama und hast mich, deine Tochter, daran gehindert, eine Erfahrung fürs Leben zu machen! So schaff ich’s nie aufs Gymnasium! Was werdem da die anderen sagen? Ich wusste es von Anfang an: Du willst mich in meinen Kreisen einengen! Dabei dachte ich, dass du mich liebtest. Aber nein, ich bin mein Leben lang gebunden. Muss tun und machen was DU willst! Ich. Hasse. Dich!!“

Jaja – trägt Windelgröße drei und will dir das Leben erklären…

Nope. Keine Erziehungstipps. Zumal ich davon ausgehe, dass der „ich-entdecke-neue-Welten-Trip“ deines Kindes der „aller-aller-wichtigste“ WAPP lässig den Rang abläuft.
Besser zwanzig Minuten Brüllterror als auf den Notarzt warten.

Jetzt gibt’s einen Schlenker in eine andere Welt. Eine, in der wir uns wie brüllende Windelträger verhalten.
Schon mal richtig sauer auf Gott gewesen, weil der Höchste nicht deinen Wunsch erfüllt hat? Schon mal so richtig abgebrüllt und angeschrien und gebetet und gefastet (klingt ja schön fromm), aber der himmlische Vater reagiert (angeblich) nicht auf deinen Wunsch, eine „Erfahrung fürs Leben“ zu machen? Schon mal „ich hasse dich!“ behauptet, weil er nicht – aus deiner Sicht – „in die Puschen kommt“?!

Hmm, könnte es sein, dass du gerade mit einem Schraubenzieher in Richtung Steckdose rast?
Gott ist ein liebender Vater. Diese Aussage steht exakt so in der Bibel.
Mit Gott kann ich mich nicht vergleichen. Womit ich allerdings gleichziehen kann, ist die Eigenschaft des Vater-Seins. Schon klar – ich bin eindeutig Verlierer nach Punkten. Definitiv abgeschlagen. ABER: Ich möchte auch, dass es meinen Kindern gut geht. Ich sorge für sie. Und ich beschütze sie – mit allem, was in meiner Macht steht.
Aus diesem Grund würde ich ihnen – nein, ich würde KEINEM Kind dieser Welt erlauben, einen Schraubenzieher in der Steckdose zu versenken. Selbst auf die Gefahr hin, für eine bestimmte Zeit gehasst zu werden.

Ich bin froh, dass ich Gott nicht erpressen kann. Weder mit durchgebeteten Nächten, nicht mit stundenlangem Singsang noch mit wochenlangem Fasten. Und selbst dann, wenn ich ihm androhe, ihn in die Wüste zu schicken, würde er das in Kauf nehmen. Um meinetwillen. Weil er -aus Liebe zu mir- verhindert, dass ich eine (letzte) neue Erfahrung mache.