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LOST!

„Überhaupt kein Problem. Wir passen Ihren Vertrag an, Sie buchen die Family-Card und haben dann vollen Zugriff auf beide Optionen!“

Ich verstehe kein Wort. Das ist nicht deutsch, sondern magentisch.

„Wie jetzt?!?“, frage ich nach und komme mir vor wie der größte Depp.

„Ha ha ha!“, lacht der junge Mann aus dem lilafarbenen Callcenter. „Schon klar, aber das wird. Wir schicken Ihnen den Vertrag und dann haben Sie zwei Karten zum Preis von einer plus die Sim-Card – ach so, brauchen Sie die nanoSim oder eine eSIM?“

„Ich will, dass es funktioniert“, sage ich leise.

„Schön, dann hätten wir das geklärt. Der Vertrag kommt als E-Mail und da steht noch mal alles drin. Zum Nachlesen.“

Ich nicke.

„Bevor ich’s vergesse“, jubelt es aus dem Smartphone, „Sie kriegen noch ne SMS. Da können Sie mich bewerten. Fünf Punkte ist die beste Zahl.“

Der Bursche verwechselt mich mit jemand, der nicht bis drei zählen kann.

„Alles klar“, frohlockt er und wünscht mir einen schönen Tag.

 

Eine Stunde später sitze ich fassungslos vor einem papierlosen Vertrag. 199 Euro im Monat. Ohne Sim-Card versteht sich. Als Ausgleich dafür kann ich mir jedes Jahr ein Premium-Super-Wahnsinns-Handy aussuchen.

 

Ich gebe zu: Von der mobilen Tarifwelt habe ich NULL Ahnung. Für die Schnellsprecher in den lila Callcenter-Welten bin ich ein dankbares Opfer. Was mich nervt: Auf die mir gestellten Fragen kann ich keine Antwort geben. Mit den Begriffen, die mir um meine überforderten Ohren fliegen, weiß ich nichts anzufangen.

 

Was mir auffällt:

Der Posteingang meiner Social-Media-World wird überschwemmt mit wunderschönen Fotos. Sonnenaufgänge hier, Sonnenuntergänge da. Manchmal posen attraktive junge Menschen vor einem grandiosen Hintergrund. Oder das Kleinkind träumt vor der Kamera. Ein Bibelvers komplettiert das Sehnsuchtsbild.

 

Pics also, die Nachfragen provozieren. Wie die Werbung bei der Telekom.

Dort gibt’s tatsächlich Rabatte abzuräumen. Nur brauchen wir jemand, der’s uns richtig erklärt. Und: der sich auf unseren Wissenstand einlässt.

 

Tatsache ist: Der Glaube an Jesus, das Evangelium, die Botschaft des Auferstandenen lässt sich weder mit einer Aneinanderreihung von Adjektiven (super / himmlisch / wahnsinnig) noch mit Versprechungen (erfüllt alle Wünsche / stillt dein Verlangen / macht, was du willst) erklären.

 

Das braucht Zeit.

Und Geduld.

Und Wahrheit.

 

Wer nur seine „fünf Sterne-Belohnung“ im Kopf hat, ist auf der falschen Spur unterwegs. Das betrifft sowohl die Arbeit im Customer-Care-Center als auch die Unterhaltung mit jemand, der mehr über Jesus erfahren will.

 

Im Neuen Testament fordert Petrus die Christen auf: „Seid bereit, Rede und Antwort zu stehen, wenn jemand fragt, warum ihr so von Hoffnung erfüllt seid.“ (Erster Brief des Petrus, Kapitel 3 Vers 15.

 

Diese Einstellung schafft Vertrauen und ermöglicht es dem anderen, uns Löcher in den Kopf, den Bauch und ins Herz zu fragen.

 

Zurück in die lila Welt: Ich habe den Horror-Vertrag sofort widerrufen.

Zwei Tage später dann mein nächster Versuch. Eine freundliche Frauenstimme fragt: „Wie kann ich Ihnen helfen?“

Ein guter Ansatz für einen Ahnungslosen.

 

Ich habe ihr mit meinen Worten erklärt, was ich mir vorstelle. „Darf ich nochmals nachfragen?“, hakt sie nach. Mehrmals sogar.

Nach fast einer Stunde ist der Vertrag unter Dach und Fach. Bis dahin muss sie ihre Kollegen um Rat fragen; selbst das Kleingedruckte lesen; den Rechner mehrmals neu starten. Und – kein Witz!: Am Schluss jubelt die Lady. „Wir haben’s geschafft!“, lacht sie laut. Immer wieder.

Und dann wünscht sie mir ein schönes Wochenende.

 

Auf die Fünf-Sterne-Frage hat sie verzichtet.

   

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