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Mein Oktavheftchen

Mein Oktavheftchen steckt in meiner Hosentasche. Vorne rechts. Zerknittert, die Ecken umgebogen, die Seiten voller Gekritzel. Manchmal finde ich Kaffeeflecken darauf oder Krümel aus der letzten Bäckerei, in der ich saß, aber das stört mich nicht. Es ist kein elegantes Lederbuch, in dem sich schöne Gedanken sammeln. Es ist ein schäbiges, kleines Ding, das die Welt für mich festhält, so wie sie ist – roh, ungeschönt, ehrlich.

29. Oktober 2024

Manchmal sind es die kleinen Begebenheiten, die ich darin notiere. Eine blöde Bemerkung von einem Verkäufer, die ich mir nicht verkneifen kann aufzuschreiben, oder das Gespräch zweier Fremder, das ich im Vorbeigehen aufschnappe und das mich unerwartet zum Lachen bringt. Und dann gibt es diese Tage, an denen ich etwas sehe – ein Bild an der Wand, ein Graffiti, ein in die Mauer gekratztes Zitat – und ich fühle, dass da mehr dahintersteckt. Also schreibe ich es auf. Nicht immer, weil es wichtig ist, sondern weil ich weiß, wie schnell ich Dinge vergesse. Ich schreibe gegen das Vergessen an.

Aber es sind nicht nur die alltäglichen Kleinigkeiten, die in mein Oktavheftchen wandern. Es gibt auch diese tiefen Momente, die ich mit Gott erlebe. Manchmal fühle ich mich wie ein Zeuge seiner flüchtigen, sanften Berührungen – in Gedanken, die mir beim Lesen der Bibel durch den Kopf schießen, oder in Träumen, die mich nachts nicht loslassen. In diesen Momenten ist es, als würde sich der Himmel kurz öffnen, und ich bekomme einen Blick auf etwas, das größer ist als mein kleines Leben.

Ich habe gelernt, dass Gott auf so unterschiedliche Weise redet. Er spricht durch Menschen, die plötzlich wie Boten in mein Leben treten, durch ein Wort, das ich in der Bibel lese, oder durch eine Eingebung, die mich mitten im Alltag trifft. Und manchmal ist es ein Traum, der mich stundenlang wach hält. Alles das schreibe ich auf, weil ich es nicht vergessen will. Weil ich es nicht vergessen darf. 

Ich will mich nicht der Hektik des Alltags beugen, will nicht zulassen, dass diese göttlichen Momente im Lärm der Welt untergehen. Gott redet. Er spricht in mein Leben hinein, und das ist keine Kleinigkeit. Das ist, als würde der Himmel sich auftun und mich für einen kurzen Moment einladen, hinzusehen. 

Und genau deswegen trage ich mein Oktavheftchen überall mit mir herum. Es sieht aus wie ein einziges Chaos, vollgekritzelt, zerfleddert, fast unleserlich – aber das macht nichts. Hauptsache, es ist da. Hauptsache, ich habe es aufgeschrieben. Gegen das Vergessen. Gegen das Verlorengehen dieser kostbaren Augenblicke, die mehr bedeuten, als man in Worte fassen kann.