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noch nicht so weit

Ein Bauer sitzt auf seiner Veranda und ruht sich aus.
Sein Freund kommt zu Besuch und setzt sich neben ihn. Aus dem Haus hört er furchtbares Geheul, Jaulen und Winseln.
„Was ist das für ein schreckliches Geräusch?“, fragt der Freund.
„Das ist mein Hund“, antwortet der Bauer, „er liegt auf einem Nagel.“
„Und warum steht er nicht einfach auf?“, fragt sein Freund.
Der Bauer starrt in den Himmel und denkt nach. Dann sagt er:
„Es tut noch nicht genügend weh.“

Schade, dass ich diese Geschichte nicht schon früher gelesen habe. In den Jahren des Herumjaulens.
Als ich mich fragte, warum ich mir diese oder jene Dinge antue; selbstverliebte Menschen stillschweigend ertragen habe; On-Off-Beziehungen wortlos zustimmte; abstruse Ansichten ohne Kommentar ertrug (und somit ja auch indirekt diesen Schwachsinn abnickte).

„Es tut noch nicht genügend weh.“
Schade, dass Veränderung von Vielen erst dann angepackt wird, wenn die Schmerzgrenze überschritten ist.
Dumm allerdings, dass unser neues Leben nicht sofort beginnt. Unser bisheriges Masochisten-Dasein hat Auswirkungen: es braucht Erklärung, Erkenntnis und Heilung. Erst DANN beginnt ein neues Leben. Vielmehr: finden die ersten Schritte in ein neues Leben statt. Wir fangen ja von vorne an. Setzen vorsichtige Schritte in eine neue Welt. Da ist Fallen vorprogrammiert. Das gehört dazu! Romantisches Konstruieren von stressfreiem Leben ist nicht gerade hilfreich.
Diese Sturz-Momente sind gefährlich: Zu viele zieht es wieder auf den Nagel zurück. Schließlich kann man so begründet jammern, heulen und winseln.
Einer der Gründe für die Rückkehr auf den „Nagel“:
„Es tut noch nicht genügend weh.“