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wissen, was kommt

Vor gefühlt fünftausend Jahren … als der junge Thommy M in Uniform seine Mitbürger schützte, nachts durch Stuttgarts Straßen streifendienste; große Parks durchwanderte, weil in den zurückliegenden Monaten viele sexuelle Übergriffe gemeldet wurden; zusammengepfercht mit seinen Kollegen in dunkelgrünen Mannschaftswagen hockte, um bei schweren Ausschreitungen die eskalierte Lage wieder zu beruhigen …

… damals wusste ich vom ersten Polizistentag Bescheid, was mich erwartet. Dafür sorgten auch die Ausbilder, denn die malten Horrorbilder in unsere junge Polizistenseele: verletzte Kollegen auf Demos, dienstunfähig wegen Schussverletzung, Terroristenjagd und und und.
Natürlich traf nicht alles ein, womit sie uns im Hörsaal konfrontierten. Polizistenlatein. Doch manches war extremst untertrieben. Die Realität lachte uns ins Gesicht und verteilte Angstzustände.

An meine erste Demonstration kann ich mich noch erinnern. Natürlich … so etwas vergisst man nicht. Wie ich mit dreißig
meiner Kollegen in einem Hinterhof auf den Einsatzbefehl wartete. Auf den Straßen wütete der Mob, Pflastersteine flogen und der Polizeifunk dröhnte „Kollegen am Boden, Kollegen verletzt! Verstärkung, Verstärkung!“
Und dann kam der Einsatzbefehl.

Vom allersten Wachtmeistertag wusste ich: Mein Beruf ist gefährlich. Manchmal lebensgefährlich. Er wird schlaflose Nächte mit sich bringen, meine Nerven strapazieren aber auch von Erfolg gekrönt sein – dann, wenn Täter auf frischer Tat ertappt oder nach langer Recherche überführt würden.

Wer vorher Bescheid weiß, kann Stürme besser ertragen.
Ist so.
Auch was den Jesus-Glauben betrifft.

Manchmal klingt’s danach, als ob ein Leben mit Jesus zu herrlichem Glück, Erfolg allenthalben, Krankheiten von kurzer Dauer und einem gelingenden Leben führt.
Nur am Lebensende darf die Krankheit uns vereinnahmen und auf den Himmel vorbereiten.
Hmmm.

Ein vorsichtiger Blick ins Neue Testament führt zu inneren Spannungen. Jesus prophezeiht, dass die Gläubigen … sagen wir „auf der Hut sein müssen“. Er spricht von „Lebensziele aufgeben“; öffnet die unsichtbare Welt; fordert Nachfolge und Gehorsam.
Klingt nicht so gut in den aufgeklärten Ohren des 21. Jahrhunderts.

Paulus, einer der Big Player im Neuen Testament, fordert sogar auf, immer wieder die geistliche Waffenrüstung anzuziehen. Weil: „wir unseren Kampf gegen dämonische Mächte und Gewalten, gegen die Weltherrscher der Finsternis, gegen die bösartigen Geistwesen in der unsichtbaren Welt führen“.*

So gesehen ist Paulus vom gleichen Schlag wie meine Ausbilder von damals. Auch er spricht aus Erfahrung, beschönigt nichts und bringt die Wahrheit auf den Punkt. Selbst auf die Gefahr hin, dass sich Sympathisanten verabschieden.

Als meine Kollegen und ich ängstlich auf den Einsatzbefehl warteten, trugen wir alle einen Schutzhelm. Wir waren bewaffnet und hockten hinter einem stabilen, durchsichtigen Plastikschild. Unsere Sneaker lagen im Schrank; jetzt schützten schwere Springerstiefel unsere Füße. Wir waren bereit.

Nicht jeden Tag veranstalten die dämonischen Mächte eine Fuchsjagd mit uns; nicht immer sind wir im Visier dieser bösen Schergen. Es gibt eine Zeit, Sneaker zu tragen, und es gibt eine Zeit, Kämpfe zu führen. Deshalb müssen wir wissen, wo unsere Einsatzklamotten hängen UND uns muss klar sein, wie wir unsere Waffen einsetzen.

„Habt keine Angst!“, fordert uns Jesus auf.
Nope, das ist kein Pfeifen im Wald und auch kein Vertrösten aufs Krankenhaus. Oder den Himmel.
Vielmehr ist’s sein Versprechen, dass er die Situation UND den Gegner im Griff hat; dass er keinen Zentimeter von unserer Seite weicht – auch dann, wenn’s richtig heftig wird.

Wir sind nicht allein … das gilt für unbeschwerte Sommer-Sonnen-Glückstage und alle anderen Tage auch.

*Neues Testament, Brief an die Epheser, Kapitel 6 ab Vers 10

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