Blog

zu laut

ZU LAUT

Viele Grüße von einem Campingplatz in Frankreich, auf dem der Bär steppt: In Sichtweite brüllt ein Animationsheinz in sein Mikro. Vor der Bühne hüpfen Teenies und Jugendliche, werfen ihre Arme in die Höhe und zappeln bis zum Umfallen. Es ist kurz nach zwölf. Mittags …

Keine Ahnung, was dort drüben abgeht. Mein französich ist mangelhaft. Außerdem dröhnt die Lautsprecheranlage hoffnungslos übersteuert. Soll heißen: mich nervt’s extrem.
Zum Glück habe ich einen Kopfhörer im Mobil, der den Lärm gegen Null reduziert.
Ich will nix hören.

Vor einigen Tagen standen wir mit dem superfrommen Mobil noch in Lindau. Neben uns machte sich ein älteres Ehepaar bereit, ihren Standplatz zu verlassen. Hier noch ein paar Rufe, da ein bisschen winke winke und dann war’s soweit: einsteigen, Türen schließen, Motor anlassen und ab dafür. Plötzlich Geschrei: „Stooooppp! Haaalt! Bleibt steheeeeen!“
Der Motor würgte, das Auto hoppelte, der Mann stieg aus, rannte ums Mobil und rief fassunglos: „das ist mir ja noch nie passiert, das ist mir ja noch nie passiert!“

Und … was war „passiert“?!?

In seiner Aufbruchstimmung hatte der gute Mann vergessen, die Markise einzurollen. Die hing immer noch an ihren Stützen und wurde mitgeschleift. Zum Glück hatte der Fahrer keinen noise-cancelling-Kopfhörer auf den Ohren.
Und: Gut, dass der Mobil-Home-Driver auf das Warngeschrei der anderen reagierte.
Alles gut, nix passiert.

Es gibt viel zu viele Motivationsheinze, die uns permanent volllabern: „alles top, alles easy, hoch die Hände, schüttel dich, denn du bist kein Brett!“
Oder: Vor mir liegt ein Buch, das den totalen Erfolg verspricht. Wer umsetzt, was der Autor von sich gibt, wird nie mehr scheitern.
Aha.

In dieser ganzen Wohlfühl- Erfolgs- und „Du-schaffst-es“ – Kakophonie gibt es auch andere – laute! – Stimmen: „bleib stehen!“ / „tu`s nicht!“ / „verlass mich nicht!“ / „du tust mir weh!“ / „du rennst in dein Unglück!“
Viel zu oft bleiben solche Aufforderungen ungehört. Eine abgerissene Markise wäre dabei noch das kleinste Problem.

Bei Jesus gab’s noch keine noise-gecancellten Kopfhörer. Animationsheinze schon. Die luden zu geselligen Hinrichtungen ein; Prostituierte wackelten mit ihren geölten Körpern, Römer patroullierten durch die Gassen und immer brüllte irgendwo einer durchs Gehöft.

Damals schon brachte Jesus es auf den Punkt:
„Sie wollen mit ihren Augen nichts sehen, mit ihren Ohren nichts hören und mit ihrem Herz nichts verstehen und wollen nicht umkehren, sodass ich sie heilen könnte.“*

Jesus behauptet, dass es nicht an unserer zu lauten, zu hektischen, zu brutalen, zu tödlichen Welt liegt, dass wir seine Stimme nicht hören.

Es liegt an uns.

Und da hat er recht.
Der Mobile-Home-Driver hätte Stoff geben und seine Markise bis zum Bodensee schleifen können.
Wollte er aber nicht.
Der Animationsheinz suchte Leute, die sich auf seine Anmache einließen.
Es gab genügend.

Oder: Will ich mit meinen Augen sehen, mit meinen Augen hören, mit meinem Herzen verstehen? Will ich umkehren, damit Jesus mich heilen kann?

Kopfsache.
Willenssache.

*Zitat aus der Bibel: Neues Testament, Matthäuseevangelium, Kapitel 13 Vers 15

Bildrechte: shutterstock / SvetaZi