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Zurück auf null

Hemnes. So heißt das weiße Gästebett vom schwedischen Möbelhersteller. Genauer gesagt: Es ist ein ausziehbares Doppel-Gäste-Bett. Und weil der Preis in Ordnung und unsere Freunde nicht auf ISO-Matten übernachten sollen … haben wir das Monsterteil bestellt.
Am Montag zerrten zwei Jungs vom Speditionsunternehmen vier große Pakete aus dem Lastwagen. Hemnes betrat unser Leben - zerlegt in sämtliche Einzelteile.

28. März 2023

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für ein Bekenntnis: 
Ich kann nicht praktisch. 
Tapezieren? Ein No-Go. Lampen anschließen und an die Decke bohren? Bloß nicht. 
Nägel gerade in die Wand hauen? Ein Ölwechsel bei der Motorsäge? Lassen wir das peinliche Thema. 

Und doch liegen jetzt vier große Pakete im Flur. Die Gäste kommen übermorgen, also muss ich das Ding, sorry: Hemnes zusammenbauen. 

Ich habe Freunde, die können den kompletten Dachstuhl neu aufsetzen; L-Steine mit dem Gabelstapler transportieren; die Betonmaschine selbst bedienen; Elektroleitungen im Haus verlegen. 
Manchmal stehe ich neben ihnen, höre zu und verstehe … nichts. 
„Dafür kannst du schreiben“, lachen sie dann.
BTW, ich warte noch immer auf den Tag, an dem sie mich endlich bitten, ein Schreiben auf Komma- und Rechtschreibfehler zu korrigieren. Aber vermutlich können sie das auch noch.

Zurück zu den Paketen: Ich beschließe, das riesige, ausziehbare, auf Rollen gelagerte Doppel-Gäste-Bett in Eigenregie aufzubauen. Ohne. Fremde. Hilfe. 
Ich.  

Kleine (sehr große!) Abkürzung … sechs (!) Stunden später steht Hemnes am richtigen Platz. Es fehlen nur noch die drei Schubladen. „Du wirst noch ein Schreiner!“, jubelt die Hippie-Lady und gibt mir ein High-Five. 
In diesem besonderen Moment fühle ich mich tatsächlich wie einer. 

Eine halbe Stunde später versuche ich die erste von drei Schubladen einzusetzen. Es bleibt beim Versuch. 
Ich kürze wieder ab: Die Laufschienen (heißt das Zeug so?!?) habe ich falsch angeschraubt. 
Um Hemnes richtig aufzubauen, benötigt es insgesamt 44 Arbeitsschritte. Im aller-aller-ersten Arbeitsschritt habe ich die Laufschienen falsch angeschraubt. Und jetzt, in der Schlusserklärung der dicken Bastelanleitung, passt nix. 
Ich kürze schon wieder ab: Nach einer gefühlten Ewigkeit unterm Sauerstoffzelt habe ich mich dazu entschlossen, das Bett noch einmal auseinanderzubauen. 
Stunden später setzte ich die Schubladen ein. Und jetzt funktioniert’s tatsächlich. 

Leute, das ist alles echt, ohne Witz, keine Übertreibung. So läuft das in meinem Handwerkerleben. Meinen praktischen Ich-kann-alles-Kumpels hab’ ich ein Foto geschickt. Einer schrieb zurück: „Steht das Teil auch gerade?“ 
Ich hätte ihn in der Luft zerreißen können. 

Ganz ehrlich: In der Zeit zwischen Zweifel und Verzweiflung griff ich in Gedanken nach der Zange, um die blöden Schienen zu verbiegen. Sie passend zu machen. Ich hatte einfach keinen Bock darauf, das komplette Bett noch einmal auseinanderzupfriemeln. 

Und schon sind wir jenseits vom Schwedenmöbel im handwerker-untypischen Leben. Auch da sind wir Meister im Verbocken: Ehe, Beruf, Schule. 
Als uns die angebliche Traumfrau über den Weg lief und die andere stand daheim in der Küche. 
Oder wir haben etwas mitgehen lassen. Ein Werkzeug, fünfzig Euro aus der Bürokasse. 
Einen Auftrag versemmelt, weil wir das Kleingedruckte auf dem Vertrag nicht gelesen haben. 
Und. So. Weiter. 

Und dann wird’s heiß. Wir checken, dass da uns ein blöder, dummer Fehler passiert ist. Uns, die wir sonst alles richtig machen. 
Also was tun? Richtig: Hin zu Jesus. Schuld vergeben lassen und weiterleben. Zack!
Alles wieder gut.

Nope. Ist es nicht. 
Stimmt schon … wir hätten gerne die Abkürzung. Ein schnelles Gebet und schon ist alles wieder ok. 
Nur leider funktioniert das Leben nicht so. 
Du kannst versuchen, deine Fehler zu vertuschen. Irgendwie. Vielleicht kommt’s auch nie raus. Aber - in deinem Hirn bleibt’s drin. 
Glaub mir, das mit dem Gebet … das kenne ich gut: „Jesus, hilf doch, dass ich die Schubladen oder wie das heißt verbogen kriege!“ 

Manchmal würde ich gerne einen Blick in den Himmel werfen. Jesus dabei beobachten, wie er beim Hören unserer Gebete in Schockstarre verfällt, irgendwann langsam wieder zu sich kommt, seine Hände überm Kopf zusammenschlägt und laut „aaaahh!“ durch den Thronsaal brüllt. Und das deshalb, weil er wieder als Schubladenlaufschienenverbieger herhalten muss. 

Wir kommen nicht umhin, abzubremsen, umzukehren und den langen Weg zurücklegen, dorthin, wo wir die falsche Kreuzung genommen oder die Betriebsanleitung missverstanden haben. 
Das übrigens, das nervt den Sohn Gottes überhaupt nicht. Er hilft uns sogar beim Neuanfang.