Manchmal ist es nur ein grauer Tag. Man steht auf, macht Kaffee, fährt zur Arbeit, redet mit Menschen – und merkt erst abends, dass man nichts gespürt hat. Keine Freude, keinen Sinn, nicht mal die Müdigkeit fühlt sich richtig an.
Manchmal ist es nur ein grauer Tag. Man steht auf, macht Kaffee, fährt zur Arbeit, redet mit Menschen – und merkt erst abends, dass man nichts gespürt hat. Keine Freude, keinen Sinn, nicht mal die Müdigkeit fühlt sich richtig an.
Es fängt an, bevor du deinen Namen richtig schreiben kannst. Wenn ein Erwachsener sagt: „Sag schön Danke“ und du’s murmelst, auch wenn das fremde Bonbon in deiner Hand klebt wie eine Lüge.
Ich kenne seine Geschichte. Oder zumindest so viel davon, dass es reicht, um die Faust in der Tasche zu ballen, wenn er wieder davon erzählt. Wie ihn seine eigene Verwandtschaft sitzen ließ. Wie sie ihm ins Gesicht versprachen, dass alles fair geregelt würde, und ihn dann über den Tisch zogen wie einen, der sowieso nichts dagegen tun kann. Weil er zu weich ist. Zu gläubig. Zu naiv. Weil man mit…
Er hat diesen Satz gesagt, als würde er ihn nicht zum ersten Mal aussprechen, sondern als hätte er ihn tausendmal mit sich selbst besprochen – nachts, im Dunkeln, wenn niemand fragt, wie es einem geht und man selbst längst aufgehört hat, nach einer Antwort zu suchen.
David hat nie so getan, als wäre das Leben leicht.
„Ich lasse mich nie fotografieren“, sagte sie.
Eine Stadt in Bewegung. Autos atmen Abgase aus. Ampeln blinken nervös. Ich eile. Menschen drängen an mir vorbei, Telefone an den Ohren, weiter, immer weiter. Und dann – mitten im Fluss der Hast – liegt eine kleine Insel vor meinen Füßen.
Es beginnt mit einer alten Lady und einer Radiostation. Sie erfüllt den letzten Wunsch ihres Mannes – kauft einen kleinen Sender, schaltet ihn ein. Nachts, wenn die Stadt schläft, wenn Einsamkeit wie ein dichter Nebel zwischen den Häusern hängt, öffnet sie ihr Mikrofon. Jeder, der will, kann anrufen. Geschichten erzählen. Von Schmerz, von Sehnsucht, von Tränen, die niemand sieht.
Die vergangenen Monate? Termine, Influenza und ein bevorstehender Umzug in der Familie. Zwischendurch mal Luft holen? Keine Chance. Aber es gab eine Deadline, eine, die wirklich zählte: Ende Oktober. Eine Woche Österreich. Kein Telefon, keine Mails, keine Termine. Nur wir. Auftanken.
Wer die SS 113 von Cefalù Richtung Palermo nimmt, fährt durch eine Postkartenidylle. Das Meer glitzert wie ein Versprechen, die Strände locken – und dann, mitten in diesem Paradies, tauchen sie auf: kleine Müllinseln. Jede mit ihrer eigenen Haltebucht, verrottete Plätze, wo Kofferraumdeckel aufklappen, Altlasten abgeladen werden, und die Leute weiterfahren, als wäre nichts gewesen. Der Müll…
Für viele klingt der Song von R.E.M., als würde jemand seinen Glauben verlieren. Es hat diese schmerzhafte, sehnsuchtsvolle Qualität, die fast nach einer Tragödie schmeckt. Und ja, mit etwas Fantasie kann man das in die Worte hineinlesen. Aber im amerikanischen Süden bedeutet „losing my religion“ etwas anderes.
Du starrst Regenbogen an die Wand. Deine Hoffnungen und viel zu viele Abstürze sitzen sich gegenüber wie zwei feindliche Parteien, die nur auf einen Fehler des anderen warten.
Der Wind trägt den Winter in die Straßen, schiebt Blätter zusammen, rüttelt an den Fenstern. Zwischen den Jahren scheint alles langsamer, stiller zu gehen. Vielleicht ist es ein Atemholen, bevor das neue Jahr richtig an Fahrt aufnimmt. Und doch: Die Weltlage ist unruhig, voller Unsicherheit und Angst. Was kommt auf uns zu?
Damals, als ich jung war, saß ich oft auf dem Fußboden, mir gegenüber das alte Radio. Ein Sender spielte alte und neue Hits … auf Mittelwelle. Auf meinem Schoß lag mein wertvollster Schatz: ein silberfarbener Kassettenrecorder von Grundig.
Vergangenen Sonntag saß ich in einer Sporthalle in Köln, eingekeilt zwischen der harten Holzbank und einem brüllenden Vater. Mein achtjähriger Enkel spielte Basketball. Sein Team, eine Ansammlung kleiner, aber ehrgeiziger Körper, stolperte durchs Spiel, während die andere Mannschaft spielte, als wären sie mit dem Ball geboren worden.
Die Zeit der Vorplanung ist vorbei – jetzt geht’s los: FACES Project startet, und wir sind schon mitten in den Vorbereitungen.
Mein Oktavheftchen steckt in meiner Hosentasche. Vorne rechts. Zerknittert, die Ecken umgebogen, die Seiten voller Gekritzel. Manchmal finde ich Kaffeeflecken darauf oder Krümel aus der letzten Bäckerei, in der ich saß, aber das stört mich nicht. Es ist kein elegantes Lederbuch, in dem sich schöne Gedanken sammeln. Es ist ein schäbiges, kleines Ding, das die Welt für mich festhält, so wie sie ist…
Wenn ich an einem kalten Herbstmorgen in Gummistiefeln durch die Wiesen stapfe und am Himmel die ersten Wildgänse in Richtung Süden fliegen sehe, dann beginnt meine Fantasie, mit ihren Flügeln zu schlagen. Sie will hinterher. Sich einreihen in die riesige V-Formation der Himmelswanderer. In Gedanken grüße ich meinen Flugnachbarn hinter mir mit einem kurzen Kopfnicken und beobachte dann wieder die…
Der Wind pfeift durch die Straßen, jetzt im Herbst. Die Bäume sehen aus, als hätten sie sich in leuchtendes Feuer gehüllt, und die Blätter tanzen über den Asphalt, als wollten sie der Kälte entkommen. Auf einer Mauer, halb verdeckt von abgeblättertem Putz, steht es: „Machen wir die Straßen zu unserem Pinsel und die Plätze zu unserer Palette.“ Dicke schwarze Buchstaben, als hätte jemand es in Eile…
Der Bodensee liegt flach unter dem schweren Himmel, fast reglos. Kein Wind. Die Luft steht still, feucht und dick, als würde sie jeden Moment brechen. Es riecht nach Regen, nach Unwetter. Ich lehne mich gegen die Reling der Fähre, starre hinaus auf das Wasser. Ein grauer Teppich, ohne Bewegung, ohne Leben. Am Horizont beginnt der Himmel zu flimmern. Ein Blitz, weit entfernt, zieht seine feine…
Spotify auf Shuffle und ich fahre auf der A45 in den Sonnenuntergang – plötzlich kommen die ersten Töne von „Hotel California“ aus den Lautsprechern. Der perfekte Soundtrack für den Sonnenuntergang!
Auf dem Gehweg verdreht sich Elias wie eine Pappel im Sturm: rechts, links, Kniebeuge, ein Schritt nach vorne, Arme ausbreiten, nach hinten hüpfen. Schon seit Minuten geht das so. Er testet immer neue Verrenkungen.
Schon vor dem Aufstehen ist das Ding gegessen: Heute ist einer dieser Tage, an dem wir wieder gegen jeden und alles kämpfen müssen: Kollegen, Meinungen, dem Fahrkartenkontrolleur, dem blöden Parkautomat, mit der Helikopter-Mama vom Alexander. Die Liste ist endlos. Und das noch alles vor dem ersten Schritt auf festen Boden.
Ich habe keine Bucket-List. Auf Deutsch: Löffelliste. Für alle, die den Begriff nicht kennen: Es handelt sich hier um eine Liste von Dingen, die man im restlichen Leben gerne noch tun oder erreichen möchte.
Stell dir vor, du sitzt mit ein paar Freunden an einem runden Tisch. In deinem Lieblingscafé. Ihr unterhaltet euch, lacht laut, hin und wieder zündet sich jemand eine Zigarette an und bläst den Rauch in Richtung Sonnenmarkise. Dann musst du aufs Klo. Du stehst auf, schiebst deinen Stuhl nach hinten, murmelst etwas von ‚kurz unterwegs‘ und fragst die nächstbeste Bedienung nach dem Weg zur…
Das steinerne Wohnhaus, das meinen Großeltern gehörte, ragte von einem Abhang weg wie auf einer Kinderzeichnung. Das Haus sah aus, als hätte es ein Abschleppwagen an einem Hang aus Versehen vom Haken gelassen.
Schon lange lag’s uns auf dem Herzen, Erzähler aus unserem Nachbarland Österreich zu finden; ihre Geschichten zu hören und die dann zu veröffentlichen.
Damals. Vor vielen Jahren bekam sein Papa von seinen Eltern einen großen Stofftiger geschenkt. Das Tier lag mit im Bett, hockte auf dem Boden und beobachtete das Kind beim Spielen. Nachts wachte er über den kleinen, schlafenden Jungen.
An einem Montag saß er mir im superfrommen Atelier gegenüber. Der erste Gast an diesem Tag. Der erste von vier. Er leidet an Alzheimer. Die Untersuchungsergebnisse sind kein halbes Jahr alt. Noch kann er Auto fahren. Noch.
Jeder Autokäufer kennt das Phänomen: In der Auswahl- und Findungsphase siehst du dein potenzielles Traumauto an jeder Ecke. Tankstelle, Gegenverkehr, Internet. Als ob dich das Schicksal anfeuert, schnellstens die Unterschrift unter den Vertrag zu setzen. Ist dann der Zeitpunkt endlich gekommen, fährst du deinen Traum auf vier Rädern vorsichtig nach Hause.
Vor Kurzem spielte mir Spotify ein neues Mixtape vor. Ich fuhr auf einer unbeleuchteten Straße durch den Wald und aus den Lautsprechern tönte Marillions „beautiful“. Vielleicht weil der Vollmond durch die Zweige schien oder ich mutterseelenallein die Serpentinen in Richtung Waldsee fuhr … der Song aus dem Radio traf direkt ins Herz.
Am Anfang, zu jener Zeit also, in der Gott noch mit einem strengen Umhang bekleidet war, gab es kaum jemand, der sich über den Inhalt des Liedchens Gedanken machte. Da war „pass auf kleines Auge, was du siehst“ ein gern gesungenes Mitmach-Lied sonntags auf gemeindlichen Bühnen. Die frommen Kindlein standen neben der großen Kanzel, streckten singend ihre kleinen Arme in die Luft und wackelten mit…
„Denn mit Gott kann ich Wälle erstürmen und mit meinem Gott über Mauern springen!“ (Psalm 18,30)
Stell dir vor … du hast eine Begegnung mit dem Herrn der Heerscharen. Sie ist außergewöhlich. Außerirdisch. Unfassbar. Im Meeting geht’s weder um dich und deine aktuelle Gefühlswelt, sondern der heilige Gott hat eine klare Ansage. Für dich.
Missy Cooper ist die Zwillingsschwester von Sheldon. Richtig: Sheldon ist der Typ aus „Young Sheldon“. Staffel 1 bis 6. Der Alleswisser mit einem sensationellen IQ von fast zweihundert. Dieser Nerd kann sich sogar an die Zeit zurückerinnern, als er im Mutterleib noch an der Nabelschnur hing. Behauptet er. Im Film.
„Während Jesus das Wort Gottes verkündete, wurde ein Gelähmter gebracht; vier Männer trugen ihn.“* Wer kennt sie nicht, die Geschichte von den vier Männer, die einen Gelähmten zu Jesus brachten. Und die, weil der Andrang zu groß und die Menschenmenge zu gewaltig war, kurzerhand das Dach zertrümmerten und den Kranken abseilten - direkt vor die Füße vom Sohn Gottes. Ein paar Minuten später…
Die Frau hinterm Tresen wühlt in einer Schublade. „Irgendwo muss das Zeug doch sein!“, schimpft sie und fängt einen Bleistift auf, der durch die Luft fliegt. „Hier hier ist es!“ Sie hält mir einen durchsichtigen Plastikordner vors Gesicht und lächelt. Ich weiß nicht, wonach sie auf der Suche ist. Unser Auto muss für ein paar Tage in die Werkstatt. Dafür bekomme ich einen Ersatzwagen und wollte…
Als Dietrich Bonhoeffer im Dezember 1944 seiner Verlobten einen Weihnachtsbrief schrieb, musste er sich gut überlegen, wie er seine Gedanken zu Papier brachte. Die Nazi-Wach-Schergen kontrollierten alles, was aus dem Berliner Gefängnis in die Freiheit durfte. Da wurde zensiert, verbrannt oder einfach zerrissen - dann, wenn die Kontrolleure konspiratives Gedankengut hinter den Zeilen…
Ich komme an einer kleinen Kirche vorbei. Die schwere Holztür wird aufgestoßen und ein genervter Achtjähriger stapft ins Freie. Er diskutiert mit sich selbst. Hin und wieder kann ich das Wort "Engel“ verstehen. Die Tür öffnet sich ein zweites Mal und seine Eltern erscheinen im Licht. „Jetzt warte doch, Schatz!“, ruft Mama und schüttelt ihren Kopf. Doch der „kleine Schatz“ denkt nicht daran. Er…
Mein WhatsApp-Account leidet unter einer heftigen Rushhour. Wildfremde Menschen verstopfen die Datenströme: Sie informieren mich darüber, dass die Rückkehr von Jesus unmittelbar bevorsteht. Wieder andere schicken mir ihre Horror-Endzeit-Träume aus vergangener Nacht. Und dann sind da noch die zig Visionen über fahle Reiter, brennende Himmel und schwarze Löcher. Endzeitbombing auf meinem…